Rückblick

 

Robert Seidel: Magische Tafel, 30.10.22-22.01.23

Die Ausstellung „Magische Tafel“ mit über dreißig Werken von Robert Seidel markiert bereits die fünfte Einzelausstellung in der Kunsthalle Gevelsberg. Obwohl nicht als Retrospektive intendiert, blickt die Ausstellung auf die Diplomarbeiten des Künstlers zurück und zeigt das titelgebende Werk als tragendes Stück der Schau. Neben den aktuellen Porträt- und Landschaftsserien sind auch Arbeiten mit thematischem Bezug zum Gaming-Universum zu sehen.

»Robert Seidel. Magische Tafel«, Kunsthalle Gevelsberg, 2022. Foto: Kevin Krautgartner
»Robert Seidel. Magische Tafel«, Kunsthalle Gevelsberg, 2022. Foto: Kevin Krautgartner

Seidels Bilder sind atmosphärische Ausflüge an reale und digitale Orte. Wie Tagebücher halten sie Erinnerungen an sonnenreiche Nachmittage auf den Reiserouten fest. Dabei sind exakte Lokalisierungsversuche nicht zwingend erforderlich. Das mystischen Avalon – ein Land der Frauen (so häufig in der Ausstellung vertreten) mit immerwährendem Frühling – muss nicht verortet werden. Und so ist der Bezug seiner Bilder zwar auch an Orte, aber insbesondere an Zeit gebunden. Seine Protagonisten sind eingefroren in einem Moment, in einem Lichtstrahl, einer Geste, ohne Vorher und Nachher. Eine Prophylaxe gegen das Vergessen. Auch die reduzierten Gaming-Arbeiten entkommen dem menschlichen Ich nicht und versuchen, die arrangierte, menschengemachte Üppigkeit zu strukturieren. Die surreale Vision der Videospiele und ihre vorgefasste Periodizität scheinen eine Weltsicht widerzuspiegeln, die von sequentiellen Ereignissen oder linearen Auswirkungen auf ein komplexes System ausgeht. Würden wir uns auch sicherer im Leben fühlen, wenn wir wüssten, was vor uns liegt? Oder ist die Unsicherheit der Funke des Lebens?

»Robert Seidel. Magische Tafel«, Kunsthalle Gevelsberg, 2022. Foto: Kevin Krautgartner
»Robert Seidel. Magische Tafel«, Kunsthalle Gevelsberg, 2022. Foto: Kevin Krautgartner

Seidels Malerei ist eine Nacherzählung, die teils und punktuell ohne Menschen auskommt, diese stets aber in den Mittelpunkt setzt. Sie zeigt das Hier und Jetzt in einer genau durchdachten Inszenierung, reduziert, aber nicht vereinfacht, pixelartig, flächig entschärft und auf das Nötigste zurückgeführt.

Robert Seidel (geb. 1983 in Grimma, Deutschland) studierte von 2003 bis 2008 Malerei an der HGB in Leipzig und schloss diese als Meisterschüler von Neo Rauch im September 2011 ab. Er lebt und arbeitet in Leipzig.

Die Ausstellung vereint Werke aus dem Bestand des Künstlers, aus der Sammlung Hildebrand, G2 Kunsthalle Leipzig, aus einer Privatsammlung und der sammlung hense. Sie entstand in Kooperation mit der Galerie ASPN, Leipzig & Galerie Gerhard Hofland, Amsterdam.

Text: Kasia Lorenc

 

Josef Horn – zum 120. Geburtstag
30.09 – 16.10.2022

Anlässlich seines 120. Geburtstages widmeten die Stadt Gevelsberg und die Kunsthalle Gevelsberg, unterstützt von der Kulturförderung des Ennepe-Ruhr-Kreises und dem Gevelsberger Heimatverein e.V., dem 1902 in Gevelsberg geborenen Maler Josef Horn eine Doppelausstellung.


Yongchul Kim. Blinder Fleck
3.7.–18.9.2022

In den für die Schau ausgewählten Kunstwerken rückt Kims ‚vita activa‘ in den Vordergrund. Sein malerisches Können stößt auf politisches Engagement. Folglich kann seine Kunst nicht ohne gesellschaftskritische Aspekte verstanden werden. Auch bei der Betrachtung stellt sich immer die Frage, welche von beiden wichtiger ist: das handwerkliche Vorgehen, das den künstlerischen Rang innehat oder die sozialkritische Idee.

»Yongchul Kim. Blinder Fleck«, Kunsthalle Gevelsberg, 2022. Foto: Kevin Krautgartner
»Yongchul Kim. Blinder Fleck«, Kunsthalle Gevelsberg, 2022. Foto: Kevin Krautgartner

Es ist Kims ‚bíos praktikós‘, die der politischen Realität gewidmete „betrachtende“ Malerei, die die Werke so herausragend macht. Der Aktualitätsbezug seiner Arbeiten ermöglicht der zeitgenössischen Kunst eine Auseinandersetzung: einen mutigen und dadurch nicht minder ästhetisch gefassten Blick auf Egomanie, Narzissmus, Nationalismus, Krieg- und Migrationserfahrungen. Seine Figuren lösen sich auf, treiben und gleiten über die Leinwand, werden von der Umgebung überlagert. Die jungen Protagonisten – Soldaten, Kinder und Wanderer – wirken bestürzt, ratlos und entrückt. Ihre Spiegelungen bleiben leer und sind Ausdruck verwaister Identitäten, eines trostlosen Neuanfangs, bei dem ausgelotet werden muss, was noch das „Eigene“ und was das „Fremde“ ist.

Yongchul Kim, »Hasenjäger«, 2021, Öl auf Leinwand, 180 x 120 cm
Yongchul Kim, »Hasenjäger«, 2021, Öl auf Leinwand, 180 x 120 cm

Demgegenüber wirken die Erwachsenen – die kindlich versinnbildlichten Hasenjäger – naiv und unbedarft, als hätten sie ihre Adoleszenz nicht rechtzeitig abgelegt. Als aufsässige Kinder verkörpert, sind sie geradezu beängstigend in ihrer Anmaßung, selbst handeln und entscheiden zu dürfen.

Es ist eine – in der Komplexität und Kontinuität – außergewöhnliche Malerei, deren Tragkraft von innen nach außen führt, verbindend und aneinanderfügend. Ihre Wirkung entsteht dort, wo die Farben reorganisiert und gebändigt werden, wo die Farblappen großzügig entlangfahren und die Pinselführung aufgeschichtet wird.

Text: Kasia Lorenc


Architekturführung mit Frank Hense am 11.09.2022

Anlässlich des Tages des offenen Denkmals führte der Inhaber der Kunsthalle Gevelsberg, Frank Hense, durch das Museum. Dabei gab er Einblicke in die Geschichte der ehemaligen Friedenskapellen, seine Beweggründe für den Erwerb und die ortsspezifischen Anforderungen des Denkmalschutzes.

In Zusammenarbeit mit VHS Ennepe-Ruhr-Süd.


Sommerkonzert am 13.08.2022
Yongchul Kim (Kunst)
Florian Ostertag und Nasim Kholti (Musik)


Sommerkonzert & Finissage am 19.06.2022
Ulrike Theusner (Kunst)
Leo Karter (Musik)


Ulrike Theusner, Kapriolen
20.03.2022 – 19.06.2022

Mit dem Reichtum der Techniken – von der kontrastreichen Pastellkreidemalerei über die zarte Monotypie bis hin zur feinen und präzisen Kaltnadelradierung oder der gestischen Tuschezeichnung – schaffen die für die Ausstellung ausgewählten Werke eine Welt des Wahnsinns, der Verve, der Lust, bisweilen des Deliriums. Ein ständiges Pendeln innerhalb zweier Extreme, jenseits von Optimismus und Pessimismus. Mit vorherrschenden Ambivalenzen und Dichotomien schildert Theusner meisterhaft eine durch Selbstbespiegelung gelähmte Realität. Zu sehen sind zahlreiche Einzel- und Gruppenporträts eines Menschenalters, darin Sinnsuche und Trägheit, Zuversicht und Müdigkeit, Lebensfreude und Einsamkeit, Eitelkeit und Verwirrung.

Während die virtuos gezeichnete Linie den Lauf und die Wandlung des ekstatischen Geschehens – wie ein Faserbündel – festhält, stehen die lebensvollen und naturgetreuen Protagonisten in der Mitte, auch wenn es kein Inneres gibt und dies nur die Illusion einer Verankerung ist. Ein choreografiertes Chaos trifft auf eine Leere, die sich von Gespenstern nährt. Der Körper als Hülle wird entblößt, formidabel und obszön zugleich. Die Form, ein bekleidetes Skelett, das in den Erscheinungen sichtbar wird, ist in der Auflösung verborgen, maskiert und mal mehr, mal weniger sichtbar.

Mit den titelgebenden Kapriolen – tanzenden Luftsprüngen, übermütigen Possen, schelmischen Gesichtern und lachenden Fratzen – verweist die Künstlerin auf die Ästhetik einer theatralischen Darbietung, eines dauerhaften Verlangens nach Performance und Selbstinszenierung. Zwischen einem lethargischen Blick und einem verrückten Giguetanz bilden die Werke ein bitter-süßes Fresko einer Generation. Ein Leben zwischen Völlerei, Trinkerei, Lachen, Lust, Leidenschaft, Neugierde und Tod.

»Ulrike Theusner. Kapriolen«, Kunsthalle Gevelsberg, 2022. Fotos: Kevin Krautgartner

Ulrike Theusner (geb. 1982) ist eine deutsche Zeichnerin, Malerin und Grafikerin. Sie studierte an der Bauhaus-Universität in Weimar und an der Ecole des Beaux Art „Villa Arson“ in Nizza. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Weimar und Berlin.

Text: Kasia Lorenc


Dieter Nuhr – Digitale Malerei und Fotografie = Lichtbilder
28.11.2021 – 13.02.2022

»Dieter Nuhr – Digitale Malerei und Fotografie = Lichtbilder«, Kunsthalle Gevelsberg, 2021/2022. Foto: Kevin Krautgartner

Dieter Nuhrs Arbeiten verstehen sich als Dokumente eines lebenslangen Unterwegsseins. Das Material, aus dem er seine Bilder schafft, sind Fotodaten, die er auf Reisen aufnimmt. Er begreift das Unterwegssein als Lebensraumerkundung. Seine Bilder sind aber keine dokumentarischen Fotos, sie stellen nicht exotische Reize in den Vordergrund, sondern zeigen die dem Vergessen ausgelieferte Erinnerung, die sich in malerischen Bildern neu erfindet.

»Dieter Nuhr – Digitale Malerei und Fotografie = Lichtbilder«, Kunsthalle Gevelsberg, 2021/2022. Foto: Kevin Krautgartner

Die Werke zeigen nicht die objektive Oberfläche der Wirklichkeit, sondern das, was bleibt von dem, was wir gesehen haben. Wie in der Erinnerung verschwinden die Bilder und überlagern sich, zerfallen nach und nach im Arbeitsprozess aus Schichtung und Vermalung und bilden am Ende etwas Neues, was sich aus der Realität ableitet, aber nicht mit ihr identisch ist.

»Dieter Nuhr – Digitale Malerei und Fotografie = Lichtbilder«, Kunsthalle Gevelsberg, 2021/2022. Foto: Kevin Krautgartner
»Dieter Nuhr – Digitale Malerei und Fotografie = Lichtbilder«, Kunsthalle Gevelsberg, 2021/2022. Fotos: Kevin Krautgartner

Nuhr sieht sich nicht als Fotograf, sondern eher als Maler, der zur Bilderstellung eine Kamera und digitale Daten nutzt. In seinen Arbeiten verschwimmen Zeiten und Räume. Oft ist in den Bildern nicht mehr zu erkennen, wann sie entstanden sind. Sie wirken überzeitlich, als versuchten sie, das Grundsätzliche im Konkreten zu zeigen. Der Künstler sucht im Realen nach dem Essenziellen, immer im Bewusstsein, dass nicht das Einzelbild das Ziel der Arbeit ist, sondern der Sinn im Prozess der Bilderstellung selbst liegt, eine lebenslange Forschung – das Sich-ein-Bild-Machen als existentielle Aufgabe. Er versteht das Leben als künstlerisch forschenden Erkenntnisprozess ohne endgültiges Ergebnis.


Justine Otto, »Adlermund II«, 2009, Öl auf Leinwand, 75 x 66 cm
Justine Otto, »Adlermund II«, 2009, Öl auf Leinwand, 75 x 66 cm

Lieblingsstücke und Neues
20. Juni 2021 – 03. Oktober 2021

Zur Eröffnung unserer neuen Kunsthalle Gevelsberg in der ehemaligen Friedenskapelle haben wir eine Ausstellung kuratiert, die einige sehr liebgewonnene Stücke des Sammlers Frank Hense aus der Sammlung Hense zeigt, welche von den im Jahr 2020 erworbenen neuen Werken umrahmt werden.

Dem Sammlungssujet folgend wird die Ausstellung von bildgewaltigen, figürlich-narrativen Gemälden und Skulpturen dominiert. Die gezeigten Künstler wurden hierbei inhaltlich arrangiert.

Beteiligte Künstlerinnen und Künstler (in alphabetischer Reihenfolge):
Stephan Balkenhol, Daniel Behrendt, Gehard Demetz, Natalie Frank, Gregor Gaida, Paule Hammer, Katrin Heichel, Joanna Jesse, Yongchul Kim, Feng Lu, Kate Newby,  Justine Otto, Thorsten Passfeld, Titus Schade, Cornelia Schleime, Moritz Schleime, Robert Seidel, Slava Seidel, Ulrike Theusner, Jan de Vliegher, Haegue Yang, Thomas Zipp.


“Und nun tanzen Sie die Farbe Blau!“
Bauhausfrauen treffen auf zeitgenössische Kunst – Bunter Salon zu Gast in der Kunsthalle Gevelsberg.
Donnerstag, 16.9.2021, 18:45 – 21:00

100 Jahre früher und sie hätten sich hier sehr wohl gefühlt: Bauhausfrauen mit ihren künstlerischen Ideen und Visionen für eine neue Welt – zu Gast in einer von Innovation, Mut und Leidenschaft geprägten „Kunsthalle“. In der lichtdurchfluteten Atmosphäre der liebevoll restaurierten ehemaligen Friedenskapelle dürfen sich die Gäste des Abends gleich mehrfach freuen: Auf Architektur, Kunst und Design, eine Einführung in die Kunsthalle des Gastgebers Frank Hense und auf das Salongespräch mit der Wissenschaftlerin und Autorin Dr. Ulrike Müller zum künstlerischen und emanzipatorischen Wirken der Bauhausfrauen, die bis heute inspirieren.